Im Jahr 1979 baute BMW zusammen mit der Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DFVLR, heute DLR) erstmals einen BMW 520/4 (Baujahr 1975) zu einem Versuchsfahrzeug um. Optisch unterschied er sich nicht von seinen benzinbetriebenen Versionen, doch sein Vierzylinder verbrannte statt Benzin: Wasserstoff. Damit wurde schon früh gezeigt, dass Wasserstoff im Verbrennungsmotor technisch machbar ist.
Mittlerweile funktioniert Wasserstoff als Energieträger eigenständig, und noch wichtiger: er ist lokal emissionsfrei nutzbar. Der wasserstoffelektrische Antrieb, auch Brennstoffzellenantrieb genannt, ist eine spannende Technologie und eine emissionsfreie Alternative zum batterieelektrischen Antrieb (➜ Lesen Sie auch: Aufbruch ins Elektro-Zeitalter) ohne lange Ladezeiten.
Ein Wasserstofffahrzeug (FCEV) besitzt ebenso wie ein Batteriefahrzeug (BEV) einen elektrischen Antrieb – sogar den identischen Elektromotor. Der Hauptunterschied ist der Energiespeicher: Statt elektrischem Strom in der Batterie wird gasförmiger Wasserstoff in Tanks gespeichert und dann mittels der Brennstoffzelle in elektrischen Strom für den Antrieb gewandelt.
Der Hauptvorteil für Fahrerinnen und Fahrer: Ein Wasserstoffauto (➜ Lesen Sie auch: Das sollten Sie über Wasserstoffautos wissen) kann in drei bis vier Minuten vollgetankt werden. Es ermöglicht also das gleiche Nutzungsverhalten wie Verbrennerfahrzeuge – mit allen Vorteilen der Elektromobilität.
Pionierleistung: BMW Wasserstoffantrieb in Serienproduktion
Für die BMW Group ist das Engagement für Wasserstoff Ausdruck ihres technologieoffenen Ansatzes für die Mobilität von morgen. Eine lange Reise, auf der viele Erfahrungen gesammelt wurden. So befinden sich im BMW Archiv über 1.000 Dokumente, Druckschriften und Akten zum Thema BMW und Wasserstoff. Und nach mehr als vier Jahrzehnten Forschung hat die Reise in Sachen Wasserstoff bei BMW ein signifikantes Etappenziel erreicht: Im Jahr 2028 wird das erste BMW Serienfahrzeug mit Wasserstoffantrieb auf die Straße kommen.
Damit wird das Antriebsportfolio von BMW dann fünf Varianten (Elektro, Plug-in-Hybrid, Benziner, Diesel und Wasserstoff) umfassen – ein echter Meilenstein und Beweis der BMW Technologieoffenheit.
Aus diesem Anlass blicken wir zurück auf Highlights der BMW Wasserstoffreise – mit wichtigen Innovationen, prägenden Fahrzeugen und besonderen Entwicklungen.
1980 – BMW 7er
Im Jahr 1980 ist ein BMW der 7er Reihe das erste mit tiefkaltem Flüssigwasserstoff angetriebene Automobil in Europa. Noch wird jedoch Wasserstoff für diese Wagen aus Rohöl oder Erdgas und nicht mithilfe der Solarwasserstofftechnik gewonnen. Der Flüssigwasserstoff wird bei minus 253 Grad Celsius im Automobil transportiert. Mit einem 93-Liter-Tank lassen sich Reichweiten von rund 300 Kilometern erreichen. Angetrieben werden die Wasserstoff BMW 7er mit dem bewährten Ottomotor (➜ Lesen Sie auch: 12 herausragende BMW Motoren). Kernpunkt der Entwicklung ist hierbei die Gemischbildung, bei der BMW eng mit der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt zusammenarbeitet.
1989 – erste Pilot-Serie
1989 präsentiert BMW auf der Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt (IAA) den ersten Wasserstoff-Zwölfzylindermotor der Welt. Am 11. Mai 2000 fährt diese Pilotserie in Berlin im öffentlichen Straßenverkehr. Die Fahrzeuge werden unter anderem im Shuttleservice während der EXPO 2000 eingesetzt. 2001 folgt die CleanEnergy WorldTour mit fünf Stationen weltweit.
2004 – BMW H2R
Mit neun Weltrekorden schreibt der BMW H2R im Jahr 2004 Geschichte, unter anderem mit einer Spitzengeschwindigkeit von über 300 km/h – einem absoluten Novum für wasserstoffbetriebene Fahrzeuge. Seine Motortechnik basierte auf dem Zwölfzylindermotor des BMW 760i, der für den Wasserstoffbetrieb angepasst wurde.
Nach den Rekordfahrten findet der BMW H2R seinen Weg in die Fahrzeugsammlung der BMW Group Classic. Aber nicht ohne eine Ausfahrt zu einem letzten Highlight: Für das legendäre Goodwood Festival of Speed 2023 wird der BMW H2R in nur fünf Monaten wieder einsatzfähig gemacht. Ein Team aus Wasserstoffexperten ergreift dabei zahlreiche Maßnahmen, damit das Fahrzeug noch einmal den legendären Hillclimb in Goodwood bestreiten kann.
2007 – BMW Hydrogen 7
Der BMW Hydrogen 7 ist das Ergebnis jahrzehntelanger Erfahrung in der Erprobung von Wasserstoff als Antriebstechnologie bei BMW, mit dem das zukunftsweisende Konzept einer nachhaltigen Mobilität für den Alltagsbetrieb nutzbar gemacht wird. Das Fahrzeug basiert auf dem BMW 760Li. Die von einem Wasserstoffverbrennungsmotor angetriebene Limousine der BMW 7er Reihe wird von einem 191 kW/260 PS starken Zwölfzylindermotor angetrieben. Solange eine flächendeckende Wasserstoffversorgung nicht gewährleistet ist, kann der bivalent ausgelegte Motor des BMW Hydrogen 7 durch einfaches Umschalten der Betriebsart auch auf herkömmliches Benzin zurückgreifen.
2013 – Kooperation mit Toyota
Basierend auf den Erfahrungen aus diesen Projekten, insbesondere dem BMW Hydrogen 7, traf BMW zwei grundlegende richtungsweisende Technologie-Entscheidungen: Die Wasserstoffspeicherung wurde von tiefkaltem Flüssigwasserstoff auf den weltweiten gasförmigen 700-bar-Standard umgestellt, um die sogenannten Boil-off-Effekte zu vermeiden. Der Antrieb wurde im Zuge der Elektrifizierung vom Wasserstoffverbrenner auf den effizienteren Brennstoffzellenantriebsstrang umgestellt. Diese Kombination aus 700 bar Drucktankspeicherung und Brennstoffzellenantrieb ist inzwischen umfassend erprobt und zu 100 Prozent alltagstauglich.
Die einzelnen Brennstoffzellen erhält die BMW Group von der Toyota Motor Corporation. Daraus erfolgte die Entwicklung und Herstellung der Brennstoffzellensysteme bei BMW im Wasserstoffzentrum. Beide Unternehmen blicken auf eine langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit zurück und arbeiten bereits seit 2013 bei Brennstoffzellenantrieben zusammen.
2017 – Hydrogen Council
BMW ist eines von 13 Gründungsmitgliedern des Hydrogen Council, das als globale Initiative 2017 ins Leben gerufen wurde. Es bringt führende Unternehmen mit einer gemeinsamen Vision und langfristigen Ambitionen für Wasserstoff zusammen, um den Übergang zu sauberer Energie zu fördern. Der Verband nutzt seine globale Reichweite, um die Zusammenarbeit zwischen Regierungen, der Industrie und Investoren zu fördern, und gibt – die Energiewende im Blick – Orientierungshilfen, um Potenzial und Rolle des Wasserstoffs weiter auszubauen.
2023 – BMW iX5 Hydrogen Pilotflotte
Der auf Basis des aktuellen BMW X5 entwickelte BMW iX5 Hydrogen wird auf der IAA 2019 in München erstmals als Konzeptidee präsentiert. Bereits auf der IAA Mobility 2021 sind erste Prototypen fahraktiv als Shuttlefahrzeug für Fahrgäste erlebbar. Sein leistungsstarkes Wasserstoff-Brennstoffzellensystem ist ein weiterer Beleg für die führende Entwicklungskompetenz der BMW Group auf dem Gebiet der elektrischen Antriebstechnologien.
Nach vier Jahren Entwicklungsarbeit tritt das Fahrzeug- und Entwicklungsprojekt BMW iX5 Hydrogen dann in die nächste entscheidende Phase. Die Pilotflotte wird seit Anfang 2023 weltweit für Demonstrations- und Erprobungszwecke eingesetzt und hat auf ihrer Reise durch über 20 Länder mehr als eine Million Kilometer Fahrstrecke gesammelt. Das Brennstoffzellensystem bringt mit einer eigens entwickelten Hochleistungsbatterie zusammen 400 PS für BMW Fahrfreude auf die Straße.
2024 – BMW bringt 2028 das erste Serien-Brennstoffzellenfahrzeug auf den Markt
Die BMW Group und die Toyota Motor Corporation bündeln ihre Innovationskraft und technologische Expertise, um eine neue Generation der Brennstoffzellen-Antriebstechnologie zu entwickeln. Beide Unternehmen verfolgen gemeinsam das Ziel, die Wasserstofftechnologie voranzutreiben. Dafür intensivieren sie ihre Zusammenarbeit, um diese lokal emissionsfreie Technologie auf das nächste Level zu heben.
Nach der erfolgreichen weltweiten Erprobung der Pilotflotte des BMW iX5 Hydrogen bereitet die BMW Group nun die Serienproduktion von Fahrzeugen mit Wasserstoffantrieb im Jahr 2028 vor. Dies basiert auf der gemeinsam mit Toyota entwickelten Antriebstechnologie der nächsten Generation. Um das volle Potenzial der Wasserstoffmobilität ausschöpfen zu können, ist der Einsatz in Nutzfahrzeugen und der Aufbau einer Tankinfrastruktur für alle Mobilitätsanwendungen, einschließlich wasserstoffbetriebener Autos, erforderlich. Wasserstoff bietet damit eine wichtige Ergänzung zu anderen Formen der Elektromobilität.
Wasserstoff als Kunst
2004 wird der Künstler Olafur Eliasson von einem internationalen Kuratorengremium ausgewählt, das im April desselben Jahres zusammengekommen ist, um über die Weiterentwicklung der BMW Art Car Collection (➜ Lesen Sie auch: Die Geschichte der BMW Art Cars) zu diskutieren. Eliasson, einer der wichtigsten Vertreter der zeitgenössischen Kunstwelt, gestaltet das 16. BMW Art Car, das 2007 der Öffentlichkeit präsentiert wird. Der Künstler beschäftigt sich in seiner Arbeit mit dem technologischen Meilenstein BMW H2R.
20 Jahre später wird auf der Art Basel in Basel 2024 Es Devlins neues multimediales Werk SURFACING vorgestellt – eine Installation aus Wasser, Licht, Klang und Tanz sowie eine Reihe mobiler Klanginstallationen in der BMW iX5 Hydrogen Pilotflotte.
Grüner Wasserstoff wird durch die Elektrolyse von Wasser hergestellt. Dafür wird Strom aus erneuerbaren Energiequellen verwendet. Grüner Wasserstoff ist deshalb CO2-frei.
Grauer Wasserstoff wird mittels Dampfreformierung meist aus fossilem Erdgas hergestellt. Dabei entstehen rund zehn Tonnen CO2 pro Tonne Wasserstoff. Das CO2 wird in die Atmosphäre abgegeben. Diesen Wasserstoff gilt es durch klimafreundlichen Wasserstoff zu ersetzen.
Blauer Wasserstoff ist grauer Wasserstoff, bei dessen Entstehung das CO2 jedoch teilweise abgeschieden und im Erdboden gespeichert wird (CCS, Carbon Capture and Storage). Maximal 90 Prozent des CO2 sind speicherbar. Daher gilt blauer Wasserstoff als CO2-arm.
Orangefarbener Wasserstoff ist auf Basis von Abfall und Reststoffen produzierter Wasserstoff. Er gilt als CO2-neutral.
Türkiser Wasserstoff ist Wasserstoff, der über die thermische Spaltung von Methan (Methanpyrolyse) hergestellt wird. Anstelle von CO2 entsteht dabei fester Kohlenstoff, der entsprechend nicht in die Atmosphäre entweicht. Das Verfahren der Methanpyrolyse befindet sich derzeit noch in der Entwicklung.
Einsatz von Wasserstoff in der Werks- und Transportlogistik
In der BMW Werkslogistik kommt Wasserstoff bereits seit Jahren als Energieträger zum Einsatz. 2013 wurde die erste Indoor-Wasserstofftankstelle Deutschlands auf dem Leipziger Werksgelände errichtet. Gabelstapler und Routenzüge für die Intralogistik werden dort betankt. Über zehn Jahre später besitzt das Werk Leipzig mit über 130 brennstoffzellenbetriebenen Flurförderfahrzeugen die größte Flotte in Deutschland. Fünf Intralogistik-Wasserstofftankstellen befinden sich auf dem Werksgelände, die jüngste ermöglicht erstmals voll automatisierte Tankvorgänge. Als weltweit erstes Automobilwerk pilotiert das Werk Leipzig zudem in seiner Lackiererei eine neu entwickelte Brennertechnologie, womit neben Erdgas auch grüner Wasserstoff genutzt werden kann.
In der Logistik erprobt BMW auch über die Werkstore hinaus gemeinsam mit Partnern den Einsatz von Wasserstoff zur Dekarbonisierung der Transportlogistik und engagiert sich im Forschungsprojekt H2Haul mit der Entwicklung und Pilotierung von Brennstoffzellen-Lkws sowie im Projekt HyCET, das Wasserstoff-Lkws mit Verbrennungsmotor in der Transportlogistik erprobt.
Autor: Markus Löblein; Art: Madita O‘Sullivan, Verena Aichinger; Animationen: Max Salzborn, Bilder: BMW