„Everything you want is on the other side of fear.“ Dieser Satz leuchtet in Neonlettern an der Wand der Swarovski-Manufaktur. Hier, wo der Status quo mit neuester Technik und herausfordernden Designs dauerhaft hinterfragt wird. Wir sind zu Besuch in einem Traditionshaus im österreichischen Tirol. Doch wie das Statement in Neonlettern klarstellt: Swarovski ruht sich nicht auf Traditionen aus.
In der 8.000-Seelen-Gemeinde Wattens findet hinter unscheinbaren Fassaden mit der Produktion jedes Kristalls ein kleines Wunder statt. Die Farben, Formen und Facetten, die hier entstehen, sind das Ergebnis bewährter Fertigungstechniken, die Gründer Daniel Swarovski bereits Ende des 19. Jahrhunderts prägte, sowie innovativer Hightech-Methoden, mit denen das scheinbar Unmögliche möglich wird. So auch die BMW Kristallscheinwerfer Iconic Glow, die mit der Vorstellung des neuen BMW i7 erstmals das Licht der Welt erblicken.
Der Entstehungsprozess eines jeden Swarovski-Kristalls beginnt in der Glashütte, einem rauen und heißen Umfeld, bevor er immer definierter wird. Für den Schliff und die Beschichtung wandert er in die sogenannte Kristallfabrik der Zukunft und wird dafür der Hand eines Roboters übergeben. Doch kein Kristall verlässt das Haus, ohne durch das Auge eines Experten auf Qualität geprüft zu werden – selbstverständlich mit einer Messlupe. Indem Swarovski und BMW ihr Können bündeln und diesen aufwendigen Prozess nun auf Fahrzeugscheinwerfer übertragen, definieren sie neue Standards auf der Straße und im Luxussegment.
Tom Binder, Leiter des Exterieur Leuchten Designs bei BMW, spricht von einem Schritt, den bisher noch niemand gegangen ist: „Aktuell sind auf der Straße nur homogene Lichtstreifen sichtbar und die Kristallscheinwerfer sind der komplette Gegenpol dazu. Das funkelnde, lebendige Lichtbild unterscheidet sich stark von der bekannten akkuraten Licht-Grafik. Doch die Präzision steckt im Material Glas, das viel feiner und genauer bearbeitet werden kann als Kunststoff.“
Das einzigartige Projekt stellte sowohl BMW Ingenieure als auch Swarovski-Produktentwickler vor neue Herausforderungen. Die Ursprünge der Swarovski-Kreationen liegen im Schmuck- und Modedesign. Über die Jahrzehnte gestaltete das Unternehmen auch einzigartige Kunstinstallationen oder Kostüme für Musiker und Filmstars. Doch mit dem Sprung in den Automobilsektor betrat Swarovski neues Terrain. Zur Neuentwicklung der Kristallscheinwerfer sagt Peter Widmann, Senior Vice President und Geschäftsführer Swarovski Mobility: „Bei dieser Kollaboration stand vor allem die Perfektionierung des Kristallschliffs im Mittelpunkt, um ein Ergebnis zu erzielen, das die Leidenschaft und Expertise zweier international renommierter Marken gebührend darstellt.“
Doch warum war dieses Projekt so eine große Herausforderung und was macht die Leuchten im Automobilsektor so besonders?
Zunächst einmal die Größe der Kristalle. Binder und seinem Team war es wichtig, dass sie „nicht wie Schmuck aussehen, sondern wie ein gewachsener Kristall“. Danach galt es, einen Weg zu finden, der die großen Kristalle stabil in der Fassung hält und sicherstellt, dass dies auch in 15 Jahren und noch länger der Fall ist. Binder erklärt: „Aus optischen Gründen wollten wir die Kristalle nicht mit Schmuckkrallen einfassen. Deshalb haben wir eine schwebende Vorrichtung entwickelt, in der sie über Einlassungen eingeklemmt werden.“
Um die Funktionsweise der Scheinwerfer besser zu verstehen, werfen wir einen Blick hinter die Kristalle. Das neue Gesicht des BMW i7 zeichnet sich neben der leuchtenden Nierenkontur vor allem durch die Zweiteilung der Scheinwerfer aus, die übereinander liegen. Die Kristalle, jeweils zwei Paare, befinden sich auf ganzer Länge im oberen Scheinwerfer. Dahinter verbergen sich LEDs, die einzeln angesteuert werden und ein unregelmäßiges, lebendiges Leuchten erzeugen. Sie bilden das Tagfahrlicht und das Blinklicht. Im unteren Bereich nehmen sich Fern- und Abblendlicht dezent zurück. Tagsüber wirken sie fast wie Lufteinlässe, das setzt die Kristalle im oberen Scheinwerfer klar in Szene.
Das Swarovski-Funkeln der Scheinwerfer in Worte zu fassen ist schwer, denn der Facettenreichtum der Kristalle bringt bezaubernde Lichtspiele mit sich. Im Kontext Automobil eröffnet dies neue Dimensionen, die mit klassischen Scheinwerfern nichts mehr gemein haben. Es ist vielmehr wie einen Kristall ins Sonnenlicht zu halten oder in einen hell funkelnden Sternenhimmel zu schauen.
Was die Kristallscheinwerfer auch mit sich bringen, ist eine neue Facette von Luxus im Automobilsektor. Abgesehen von der aufwendigen Verarbeitung sowie den außergewöhnlichen Eigenschaften des Kristalls, sind sie essenzieller Teil des neuen „Great Entrance Moment“. Nähert man sich dem Wagen, setzt eine Lichtinszenierung ein: mit beleuchteter Niere, Kristallscheinwerfern und einem Lichtteppich in Kristalloptik vor den Türen.
„Licht wird immer wichtiger, um ein Fahrzeug in Szene zu setzen“, erklärt Binder. „Es löst bereits immer mehr Chromelemente ab und ermöglicht eine neue Form der Individualisierung und Präsenz.“
Den Wandel des Luxusbegriffs auszuloten ist auch bei Swarovski verankert. Hier teilen die Tiroler eine Philosophie mit BMW. Widmann beschreibt es wie folgt: „Seit 1895 lässt Swarovski Träume wahr werden, sei dies im Bereich Mode, Kunst, Design oder Film. Mit einer Historie aus Handwerkskunst und Innovation sowie einem globalen kreativen Bewusstsein ist die stetige Neuerfindung des Luxusbegriffs immer der nächste logische Schritt für uns.“
Für BMW bedeutet es vor allem, einen zukunftsfähigen Luxus zu prägen, der einen Paradigmenwechsel markiert, indem er Nachhaltigkeit priorisiert (➜ Lesen Sie auch: Junge Führungskräfte: Handeln und die Zukunft verändern). Auch Swarovski hat diese Werte auf der Agenda, wie Widmann bestätigt: „All unsere Kristalle sind ‚Advanced Crystals‘: Sorgfältig ausgewählte Rohmaterialien werden zu Produkten verarbeitet, die die Anforderungen unserer Kunden übertreffen und den immer strenger werdenden internationalen Vorschriften standhalten. Sie sind in einem patentierten Verfahren bleifrei hergestellt und werden komplett in Österreich gefertigt. Wir streben höchste Maßstäbe für Qualität und Nachhaltigkeit an, um die Branchenstandards konstant zu übertreffen. Bewusster Luxus ist Teil unserer DNA.“
Den Blick immer nach vorne gerichtet, beleuchten die neuen Kristallscheinwerfer also schon heute den Weg in eine aufregende Zukunft, in der Licht eine immer wichtigere Rolle spielen wird – zur Inszenierung, zur Individualisierung und für die persönliche Freude am Fahren.
Autor: Jelena Pecic; Fotos: Roderick Aichinger; Skizzen: Chunyue Zhai; Art Direction: Lucas Lemuth, Verena Aichinger; Video: Christoph Deja, Jade & Lee Trott, Noelani Dreksler