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Hier entsteht die Zukunft. Hier fängt alles an. Es herrscht komplette Ruhe, die nur durch das monotone Rauschen der Labormaschinen unterbrochen wird. 200 Wissenschaftler und Experten, insbesondere Chemiker und Verfahrenstechniker, bilden in ihren blauen Schutzanzügen und mit türkisen Einweghandschuhen die einzigen bunten Farbflecken an ihrem sonst so cleanen, hochmodernen Arbeitsplatz: dem BMW Group Kompetenzzentrum Batteriezelle im Münchner Norden. Auf 12.000 Quadratmetern entsteht die Batterie-Zelltechnologie von morgen. In den hochmodernen Laboren und Forschungseinrichtungen werden die Technologie der Batteriezelle und die Produktionsprozesse für die Elektroauto-Batterie weiter optimiert. Die BMW Group möchte genau verstehen, was in einer Batteriezelle geschieht, wie die ideale chemische Zusammensetzung und das Design der Batteriezelle aussehen und wie sie in der Großserie mit Nachhaltigkeit produziert werden kann. Die Experten vergleichen dies mit dem Backen eines Kuchens.
Die Zellchemie ist das Rezept. Die Zutaten des Kuchens, also der Lithium-Ionen-Batteriezelle, sind die vier Komponenten Kathode, Anode, Separator und Elektrolyt. Es kommt nicht nur auf die genauen Mengen und die Qualität der Zutaten an, sondern ebenso darauf, wie man sie zusammenführt und verarbeitet – denn nicht jeder Ofen ist gleich. Die Zusammensetzung der wichtigsten Rohstoffe, Energie- und Leistungsdichte, Sicherheit, Lebensdauer usw., all das wird im Kompetenzzentrum Batteriezelle erforscht. Das Labor kann so das vorhandene Wissen weiter vertiefen, verschiedene Trends für zukünftige Batteriezellen verfolgen und die Entwicklungen selbst mitgestalten. Gleichzeitig kann die BMW Group festlegen, welche Batteriezellformate mit welchen Materialien zu welchen Konditionen von den Lieferanten bezogen werden. Auf den nachhaltigen Einsatz dieser Komponenten legt die BMW Group besonderen Wert.

„Als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit hat unser Wort auch bei den Lieferanten für Batteriezellen großes Gewicht – und diesen Ruf nutzen wir. Wir haben jetzt mit unseren Zellherstellern vertraglich vereinbart, dass sie bei der Produktion unserer fünften Generation von Batteriezellen Grünstrom verwenden. Diese Technologie bringen wir ab diesem Jahr mit dem BMW iX3 auf die Straße und rollen sie dann über unsere Produktpalette aus – nächstes Jahr kommen etwa der BMW iNEXT und der BMW i4. Bei dem steigenden Volumen wird der Einsatz von Grünstrom dafür sorgen, dass innerhalb der nächsten zehn Jahre rund zehn Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Zum Vergleich: Das ist etwa die Menge an CO2, die eine Millionenstadt wie München pro Jahr emittiert“, erklärt der BMW Vorstandsvorsitzende Oliver Zipse. So entsteht im Kompetenzzentrum Batteriezelle der Prototyp einer Batteriezelle, der die Anforderungen an BMW Fahrzeuge heute und in Zukunft optimal erfüllt.

Im hauseigenen Labor erforscht die BMW Group die Zusammensetzungen und Mengenverhältnisse der Aktivmaterialien einer Batteriezelle. Die Kathode, der Pluspol, besteht derzeit aus Lithium-Nickel-Mangan-Kobalt-Oxiden. Für die Anode, den Minuspol, wird Grafit verarbeitet. Bei der Rohstoffgewinnung – insbesondere beim Abbau von Schlüsselrohstoffen wie Lithium und Kobalt – hat für die BMW Group die Einhaltung von Umweltstandards und Menschenrechten oberste Priorität. Eine ethisch verantwortliche Rohstoffgewinnung und -verarbeitung beginnt für das Unternehmen ganz am Anfang der Wertschöpfungskette, in den Rohstoffminen. Für die kommende, fünfte Generation an Batteriezellen hat die BMW Group deshalb ihre Lieferketten neu strukturiert und wird Kobalt und Lithium ab 2020 – ohne Zwischenhändler – direkt einkaufen und die Rohstoffe ihren Batteriezellen-Herstellern zur Verfügung stellen.
Kobalt wird von BMW künftig direkt aus Minen in Australien und Marokko bezogen, Lithium unter anderem auch aus Australien. Damit sind 100 Prozent Transparenz über die Herkunft der beiden wichtigen Rohstoffe gegeben. Darüber hinaus hat die BMW Group zusammen mit BASF SE, Samsung SDI und Samsung Electronics mit dem Pilotprojekt „Cobalt for Development“ eine branchenübergreifende Initiative in der Demokratischen Republik Kongo ins Leben gerufen. Deren Ziel ist die Verbesserung von Arbeitsbedingungen der Menschen in einer ausgewählten Kobaltmine im Kleinstbergbau. Die beteiligten Unternehmen haben die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ) beauftragt, über eine Laufzeit von drei Jahren zu testen, wie die Lebens- und Arbeitsbedingungen in einer Kobaltmine im Kleinstbergbau und in den umliegenden Gemeinden verbessert werden können. Wenn das Projekt erfolgreich ist, können die Ansätze langfristig auf andere kleine, nicht industrielle Minen übertragen werden.

Nun beginnt die entscheidende Phase im Leben einer Batterie – der Einsatz im Fahrzeug. Bis 2023 plant die BMW Group, ihre Modellpalette auf 25 elektrifizierte Fahrzeuge (➜ Lesen Sie auch: Hybrid, Plug-in & Co. – der große Elektroauto-Vergleich) auszubauen, davon soll mehr als die Hälfte vollelektrisch sein. Die Optimierung der Batteriezellen für neue Elektroautos hat dabei oberste Priorität. Hier gilt jedoch: Es kommt nicht auf die Größe an, sondern auf die Technik, besser gesagt auf die Effizienz. Die neuen Elektrofahrzeuge schaffen bereits bis zu 600 Kilometer Reichweite mit einer Akkuladung, Tendenz steigend. Die Lebensdauer einer einzelnen Autobatterie ist größtenteils abhängig vom Nutzungsverhalten des Fahrers: Schnellladen beansprucht zum Beispiel die Akkus stärker als konventionelles Laden.
Auch Umgebungstemperatur, Zyklenzahl, Entladetiefe und das Alter der Batterie – unabhängig von der Nutzung – sind Faktoren, die das Batterieleben beeinflussen. Die Erwartungen an das Leben einer BMW Batterie werden jetzt schon bei Weitem übertroffen. Deswegen entschied sich die BMW Group, die mit der Batteriegarantie eines BMW i3 von acht Jahren verbundene maximale Laufleistung in Europa von bisher 100.000 Kilometern auf 160.000 Kilometer zu erweitern. Hat die Batterie im BMW E-Auto nach vielen Jahren ausgedient, ist jedoch noch lange nicht Zeit für einen endgültigen Abschied. Aber wohin mit Batterien aus E-Fahrzeugen (➜ Lesen Sie auch: 10 Mythen über Elektroautos im Faktencheck), wenn sie den Anforderungen des Fahrbetriebs nicht mehr genügen, jedoch noch über einen Energieinhalt von 70 bis 80 Prozent verfügen?
Dass man Dinge nicht nach ihrem Äußeren beurteilen sollte, beweist ein 26 Meter langer und rund sechs Meter breiter Container am Hamburger Hafen. Er hat es in sich. Den 2.600 Batteriemodulen wurde nach dem Gebrauch in einem BMW Elektrofahrzeug ein zweites Leben „geschenkt“. Als stationärer Energiespeicher haben die Batteriezellen eine neue Bestimmung gefunden. Die geballte Energie dieser Zellen steht binnen Sekunden zur Verfügung und hält das Stromnetz stabil. Was aber genau bedeutet das? Zu jeder Tageszeit wird immer genauso viel Strom in das Stromsystem eingespeist, wie gerade alle Verbraucher benötigen – alle 15 Minuten wird dazu eine Prognose aufgestellt. Anschließend wird festgelegt, welche Stromerzeugungsanlagen die Nachfrage decken können. Die Erzeugungsanteile von Wind- und Solarstrom haben in den meisten Ländern „Vorfahrt“. Dieser Strom ist jedoch wetterabhängig und somit nicht zu 100 Prozent vorhersehbar.
„Hier kommen die Batteriespeicher wie der von ,Second Life‘ ins Spiel“, erklärt Daniel Hustadt, Projektleiter beim Energieerzeuger Vattenfall und zuständig für Technologieentwicklung. „Sie sind dazu da, genau diese Schwankungen auszugleichen, um die Balance von Angebot und Nachfrage zu garantieren. Ist aufgrund von Produktions- oder Nachfrageschwankungen zu viel Strom im Netz, dann speichern die Batterien den Überschuss. Fehlt Strom, dann liefern die Batterien. Und das innerhalb von Sekunden!“ Es dauert ca. zehn Jahre, bis der Energiegehalt der Batteriezelle im Second-Life-Gebrauch komplett ausgeschöpft ist und sie recycelt wird. Auch die Speicherfarm im BMW Group Werk Leipzig beweist, dass rund 700 BMW i3-Batterien nach dem Einsatz im Fahrzeug noch sinnvoll genutzt werden können. Als Pufferspeicher für erneuerbare Energien tragen sie ebenfalls dazu bei, Strom zu speichern und die Energiekosten für eine nachhaltige Produktion zu senken.
Ein ohrenbetäubendes Geräusch erfüllt die Halle. Drei Arbeiter öffnen mit ihren Fräsmaschinen die Batteriemodule, um zu den wirklich wertvollen Schichten vorzudringen, in denen sich die Rohstoffe befinden. Anschließend werden Aluminiumhülle, Elektrodenmaterial und Separatorfolie zu kleinsten Teilen in einem speziellen Schredder zermahlen. Der Schredder wird mit dem entladenen Strom der Batterie betrieben und kann bis zu 500 Kilogramm Material pro Stunde zerkleinern. Wir befinden uns im Herzen des niedersächsischen Chemieunternehmens Duesenfeld. Eines der Unternehmen, neben beispielsweise Northvolt und Umicore, die die in den Elektrofahrzeugen der BMW Group verbauten Lithium-Ionen-Batterien nahezu vollständig recyceln können.
Hierbei werden verschiedene Verfahren angewendet. Neben dem Schreddern können die Batteriezellen auch beim pyrometallurgischen Verfahren in einem Ofen bei sehr hohen Temperaturen erhitzt werden, sodass die enthaltenen Metalle schmelzen und sich trennen lassen. Nachhaltig ist Elektromobilität nur dann, wenn die Akkus wiederverwertet werden. Der Wertstoffkreislauf wird über eine umfassende Wiederverwertung der Rohstoffe bestmöglich geschlossen. Damit kommen wir wieder zur Geburtsstätte der Batterie zurück: dem BMW Group Kompetenzzentrum Batteriezelle. Denn schon bei der Entwicklung der Batteriezelle macht sich BMW Gedanken über eine nachhaltige Wiederverwendung der Rohstoffe im Anschluss an den Recyclingprozess. Der Kreislauf schließt sich.
Fotos: BMW; Illustration: Bratislav Milenkovic; Autor: Markus Löblein