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Wenn die Freude am Fahren nicht zu stoppen ist

6 min Lesedauer
Wie wichtig individuelle Mobilität für einige Menschen ist, zeigt die Geschichte von Tina Schmidt-Kiendl. Sie ist Projektmanagerin bei BMW M, BMW M Driving Instructor und Rollstuhlfahrerin. Wir durften sie einen Tag lang in der BMW M Driving Academy begleiten.

16. Februar 2023

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Tina Schmidt-Kiendl, BMW M3 Competition Brooklyn Grey, Freude am Fahren

BMW M Driving Academy

Tina Schmidt-Kiendl, BMW M3 Competition Brooklyn Grey, Freude am Fahren

Es ist noch früh am Morgen, als der graue BMW M3 Competition in die Einfahrt der BMW M Driving Academy im Westen von München einbiegt. Die Regentropfen perlen an der in Brooklyn Grey lackierten Limousine ab, als sich die Fahrertür öffnet und Tina Schmidt-Kiendl uns mit einem Lächeln begrüßt. Wenig später öffnet sich auch die hintere Tür des Wagens, aber nicht so, wie man es erwarten würde. Eine Schiebetürfunktion gibt eine Art Rollstuhl-Einzugsystem frei, mit dem Tinas Rollstuhl aus dem Fahrzeug gehoben wird. Jeder Handgriff verläuft dabei absolut ruhig und routiniert. Als wir uns gemeinsam auf den Weg zum Fahrsicherheitsgelände machen, beginnt Tina, uns ihre Geschichte zu erzählen.

CO2-Emissionen kombiniert230–228 g/km (WLTP)
Verbrauch kombiniert 10,1–10,0 in l/100 km (WLTP)

BMW M3

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Nach ihrem Abschluss als Wirtschaftsingenieurin fand Tina Schmidt-Kiendl ihren Weg zu BMW, genauer gesagt zur BMW M GmbH, ein absoluter Traumjob. Doch Tina hat sogar noch einen draufgesetzt und sich zusätzlich zum BMW M Driving Instructor ausbilden lassen, was bedeutet, dass sie die Autos, mit denen sie jeden Tag am Schreibtisch zu tun hat, auch auf der Teststrecke fahren darf. Und wie wir wenig später mit eigenen Augen erleben dürfen, ist sie ein absoluter Profi hinter dem Steuer. Angesichts ihrer Vergangenheit ist es allerdings keinesfalls selbstverständlich, dass sie heute noch mit dem gleichen Enthusiasmus auf der Strecke unterwegs ist wie in ihren Anfängen vor 20 Jahren.

Im Sommer 2017 unterzieht sich Tina Schmidt-Kiendl einer Bandscheibenoperation. Eigentlich ein Routineeingriff, aber in ihrem Fall verläuft er anders als geplant. Komplikationen nach der Operation führen dazu, dass sie elf Monate später das Krankenhaus in einem Rollstuhl verlässt und ihre Beine nicht mehr selbstständig bewegen kann. Aber es ist nicht Tinas Art, sich von einem solchen Schicksalsschlag aus der Bahn werfen zu lassen. Noch im Krankenhaus bereitet sie sich darauf vor, in ihren Job bei BMW, damals noch in der Strategieabteilung, zurückzukehren und sich dafür auch wieder hinter das Steuer ihres eigenen Autos zu setzen.

Rollstuhlfahrerin Tina Schmidt-Kiendl, BMW M Driving Academy, BMW Driving Instructor, Fahrertraining

Auf die Frage nach ihrem Aufgabenfeld bei BMW erklärt Tina, dass sie im Projektmanagement bei BMW M in Garching bei München arbeitet. Die Tatsache, dass sie erst vor Kurzem die Leitung der Abteilung Projektmanagement bei der BMW M GmbH (➜ Lesen Sie auch: 50 Jahre BMW M) übernommen hat, muss man schon fast aus ihr herauskitzeln. Sie ist nicht der Typ, der im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen möchte, es sei denn, sie erzählt einen Witz oder hat eine lustige Anekdote parat. Dann bringt sie mühelos alle um sich herum zum Lachen.

Draußen zu sein, mit der neuesten Technik zu tun zu haben und mit Menschen zu arbeiten, macht mir unheimlich viel Spaß.
Tina Schmidt-Kiendl

Head of Project Management BMW M

BMW M Driving Experience, BMW M3 Competition, Fahrertraining

Tina erinnert sich an ihre ersten Fahrstunden als Querschnittsgelähmte und wie sie die intuitiven Abläufe des Fahrens, die sie jahrelang trainiert hatte, neu lernen musste. Was normalerweise mit Beinen und Händen gesteuert wird, muss nun zu 100 Prozent mit den Händen erledigt werden. Die notwendigen Umbauten und die Geräte machten sie anfangs nervös – und jeder, der schon einmal ein Auto mit Handbedienung gefahren ist, weiß, wie komplex diese Technik zu Beginn wirkt. Für Tina aber war es essenziell, wieder selbst fahren zu können. Sie erzählt von Erinnerungen an ihre ersten Fahrstunden als Teenager und wie sie ganz zu Beginn 20- oder 30-mal den Motor abgewürgt hat, am Ende aber doch mit dem Führerschein aus der Fahrprüfung herauskam. Und so sollte es auch dieses Mal sein.

Selbstbestimmt

Mobil sein heißt für Tina Schmidt-Kiendl selbstbestimmt sein. Sie entscheidet, wann sie von A nach B kommen will – und vor allem, wo A ist. Dank ihrer individuellen Mobilität kann sie selbst entscheiden, wo sie ihren Lebensmittelpunkt setzen möchte, unabhängig von der öffentlichen Infrastruktur.

Was sie sich im Straßenverkehr bis heute bewahrt hat, ist, weiterhin aus der Perspektive eines normalen Autofahrers zu denken, weshalb sie jetzt viel vorausschauender fährt. Für sie wäre es absolut fatal, wenn jemand in die Fahrerseite ihres Autos fahren würde, denn sie hat keine Chance, im Zweifelsfall über die andere Seite aus dem Auto zu kommen. Schon 2003, als sie ihre Ausbildung zur Instruktorin antrat, hat sich ihre Einstellung zur Sicherheit beim Fahren geändert. Sich der anderen Verkehrsteilnehmer bewusst zu sein und ihr mögliches Verhalten frühzeitig einschätzen zu können, ist zu einer Art geheimem Supersinn geworden. Sie erklärt, dass sie zum Beispiel immer auf den Einschlag der Räder anderer Autos achtet, um zu wissen, wohin sie fahren. Sie kann sich nicht darauf verlassen, dass jeder immer gewissenhaft seinen Blinker setzt.

BMW M Driving Experience, BMW M3 Competition, Fahrertraining

Dabei hatte Tina selbst zunächst gar nicht daran gedacht, wieder als Instruktorin zu arbeiten. Den Anstoß gab eine Freundin, die sie im Krankenhaus besuchte. Auf die Frage, wie es mit dem Autofahren stehe, antwortete Tina, dass sie es wieder lernen würde und dann allein ins Büro fahren könne. Ihre Freundin meinte aber eigentlich, wann sie wieder als BMW M Driving Instructor arbeiten würde. In Tinas Augen hatte sich dieses Thema eigentlich erledigt, aber ihre Freundin überzeugte sie davon, BMW das Konzept eines Fahrertrainings speziell für Menschen mit Behinderungen vorzustellen.

Rollstuhlfahrerin Tina Schmidt-Kiendl, BMW M Driving Academy, BMW Driving Instructor, Fahrertraining
Ich bin dankbar, dass ich, obwohl ich im Rollstuhl sitze, immer noch diese Fahrertrainings machen kann, was zusammen mit meinem Bürojob für mich einfach die perfekte Balance ist.
Tina Schmidt-Kiendl

Head of Project Management BMW M

Ihre Freundin wusste, dass Tinas Freude am Fahren (➜ Lesen Sie auch: „Freude am Fahren“: die Geschichte des BMW Slogans) so ansteckend ist, dass sie sicherlich in der Lage sein würde, andere Menschen im Rollstuhl zu inspirieren und ihnen Vertrauen und mehr Sicherheit im Straßenverkehr zu geben. Und genau so kam es dann auch. Tina stellte der Chef-Instruktorin der BMW M Driving Experience ihr Konzept für das spezielle Training vor und bekam den Auftrag zur Ausplanung. Im nächsten Schritt nahm sie Kontakt mit der BMW Bank auf – der entsprechende Umbau der Fahrzeuge ist leider mit erheblichen Kosten verbunden – und fand sofortige Unterstützung. Zusätzlich konnte sie zwei weitere BMW Bereichsleiter von ihrer Idee begeistern. Die erste BMW M Driving Experience für Menschen mit Behinderung startete im Sommer 2021.

Wenn man erst einmal im Auto sitzt, steigt man nicht so schnell wieder aus, weil man etwas vergessen hat.
Tina Schmidt-Kiendl

Head of Project Management BMW M

Tina hat es schon hin und wieder erlebt, dass sie mit ihrem privaten BMW M3 auf einen Behindertenparkplatz gefahren ist und ihr sofort gesagt wurde, dass dieser Parkplatz für Behinderte und nicht für Sportwagenfahrer ist. Mit einem Augenzwinkern antwortet sie in diesen Fällen, dass ihr das absolut bewusst ist. Die Reaktionen auf ihr Auto amüsieren sie immer, aber sie würde den Wagen nicht fahren, wenn sie damit einen Kompromiss eingehen müsste. Neben 375 kW (510 PS) und 650 Nm Drehmoment sind es vor allem die Alltagsqualitäten des BMW M3, die ihr gefallen. Außerdem hat das Auto die perfekte Höhe, um leicht vom Rollstuhl ins Auto umzusteigen. Und ohne den Seitenhalt der Sportsitze wäre es viel schwieriger für Tina, die ihre Rumpfmuskulatur nicht mehr einsetzen kann wie früher, in Kurven die Fliehkräfte zu kompensieren.

Tina Schmidt-Kiendl, BMW M3 Competition mit behindertengerechtem Umbau, Behindertenfahrzeug, Rollstuhlfahrerin

Tina freut sich über jeden, der sich dafür einsetzt, dass Behindertenparkplätze nicht zweckentfremdet werden, denn leider gibt es auch immer wieder Situationen, in denen sie aufgrund mangelnder Rücksichtnahme durch andere Autofahrer auf dem Behindertenparkplatz eingeparkt wird. Ihre Fahrertür muss sie vollständig öffnen, damit sie einsteigen kann. Es kommt schon mal vor, dass sie Passanten bitten muss, ihr Auto auszuparken, und da diese in der Regel nicht mit Handsteuerung fahren können, muss der Wagen dann erst von Hand- auf normale Hand- und Fußsteuerung umgestellt werden, was zum Glück möglich ist.

Die Bequemlichkeit, aber auch die Rücksichtslosigkeit mancher anderen Verkehrsteilnehmer gehen ihr gelegentlich auf die Nerven, aber im Großen und Ganzen sind es eher die vielen positiven Erlebnisse, an die sie sich gerne erinnert. Menschen, die alles stehen und liegen lassen, um ihr zu helfen, auch wenn sie selbst mit Einkaufstüten vollgepackt sind. Sie sagt, dass diese Erfahrung des gesellschaftlichen Miteinanders sie hoffnungsvoll stimmt.

Organisation

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Jeder, der sich mit Tina unterhält oder in der BMW M Driving Academy ein Fahrsicherheitstraining bei ihr absolviert, ist schnell von ihrer positiven Einstellung und ihrer humorvollen Art gefesselt. Sie selbst ist dankbar für den Optimismus, der ihr in die Wiege gelegt wurde, denn sie ist sich sicher, dass sie ihr heutiges, selbstbestimmtes Leben vor allem ihrer persönlichen Einstellung zu verdanken hat.

BMW M Driving Experience, BMW M3 Competition

Auf die Frage, welche Fähigkeiten für Menschen im Rollstuhl besonders wichtig sind, antwortet Tina: Organisation. „Wenn man erst einmal im Auto sitzt, steigt man nicht so schnell wieder aus, weil man etwas vergessen hat.“ Jeden Morgen, bevor sie zur Arbeit fährt, hängt sie sich bereits ihren Arbeitsausweis um den Hals. Schnell etwas aus der Mittelkonsole zu greifen, ist nicht mehr möglich, sobald man wieder aus dem Fahrzeug ausgestiegen ist. Sie müsste warten, bis jemand vorbeikommt, oder sich erst wieder aus dem Rollstuhl in den Sitz heben. Diese Art des organisatorischen Denkens bestimmt inzwischen ihren gesamten Arbeitstag. Vielleicht ist das der Grund, warum sie jetzt die gesamte Abteilung für Projektmanagement bei der BMW M GmbH leitet.

Freude am Fahren

Für Tina scheint es immer noch unwirklich, welche neue Rolle sie heute einnimmt. In ihren Augen ist sie einfach sie selbst, aber nach außen hin ist und lebt sie BMW und gleichzeitig, ganz ohne Widerspruch, ist sie Rollstuhlfahrerin. Als sie 2022 für den Impact of Diversity Award nominiert wurde, wurde ihr zum ersten Mal bewusst, dass ihre Arbeit offensichtlich vielen etwas bedeutet. Als sie dann auch noch den Award gewonnen hat und den Preis in Berlin in Empfang nehmen durfte, wurde ihr plötzlich klar, dass sie zur Botschafterin dessen geworden ist, was sie Tag für Tag leidenschaftlich vertritt.

Sie betont ausdrücklich, dass sie es nicht allein geschafft hat. Schon im Krankenhaus gaben ihr ihre Arbeitskollegen die Zuversicht, dass sie auf jeden Fall ins Büro zurückkehren würde. Dass sie heute aber wieder als Instruktorin Fahrsicherheitstrainings durchführt, ist vor allem ihrem unbeugsamen Willen zu verdanken. Lösungsorientiertes Denken ist ihre Geheimwaffe in den großen und kleinen Kämpfen des Alltags als Projektmanagerin, als Autofahrerin und als Rollstuhlfahrerin.

Tina Schmidt-Kiendl, BMW M Driving Experience
Meine Belohnung dafür, dass ich den Menschen den Mythos BMW, diese ‚Freude am Fahren‘ vermittle, ist am Ende des Tages meist ein breites Grinsen im Gesicht der Teilnehmer.
Tina Schmidt-Kiendl

Head of Project Management BMW M

Autor: Tassilo Hager; Art: Shin Miura, Ha My Le Thi, Carolin Wabra; Fotos & Video: Constantin Mirbach

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